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Übersetzung: Anke Dietzsch Lektorat: Judith Matz
Ich möchte damit beginnen,
das gefährlichste Tier der Welt in Augenschein zu nehmen.
Nun, wenn man über gefährliche Tiere spricht,
denken die meisten Leute eher an Löwen oder Tiger oder Haie.
Aber das gefährlichste Tier
ist natürlich die Mücke.
Die Mücke hat mehr Menschen umgebracht
als irgendeine andere Kreatur in der Geschichte der Menschheit.
Selbst, wenn man sie alle aufsummiert,
hat die Mücke wahrscheinlich immer noch mehr Menschen getötet.
Die Mücke hat mehr Menschen getötet als Kriege
und die Pest.
Man sollte eigentlich annehmen,
dass wir durch Naturwissenschaften und gesellschaftlichen Fortschritt,
durch bessere Städte, bessere Zivilisationen, bessere Hygiene, Reichtum,
dass wir dadurch in der Mückenkontrolle besser geworden wären
und infolgedessen diese Plage eindämmen?
Aber das ist nicht wirklich der Fall.
Wäre es der Fall, hätten wir nicht
jedes Jahr 200 bis 300 Millionen Malariafälle,
hätten keine
anderthalb Millionen Todesfälle aufgrund von Malaria,
und hätten auch nicht eine
vor 50 Jahren noch relativ unbekannte Krankheit,
die sich plötzlich als die größte
durch Mücken übertragene Virusbedrohung entpuppt,
das sogenannte Dengue-Fieber.
Vor 50 Jahren kannte keiner diese Krankheit,
auf jeden Fall keiner im europäischen Umfeld.
Aber heutzutage infizieren sich laut Weltgesundheitsorganisation
jedes Jahr zwischen 50 und 100 Millionen Menschen mit Dengue-Fieber;
das entspricht einer jährlichen Infektion
der gesamten Bevölkerung von Großbritannien.
Andere Schätzungen gehen sogar von der doppelten Zahl
an Infektionen aus.
Und Dengue-Fieber hat sich in Windeseile verbreitet.
In den letzten 50 Jahren hat sich das Auftreten von Dengue
verdreißigfacht.
Lassen Sie mich Ihnen kurz erklären, was Dengue-Fieber ist,
falls Sie es nicht schon wissen.
Stellen Sie sich vor, Sie fahren in den Urlaub.
Vielleicht ja in die Karibik
oder nach Mexiko. Oder nach Lateinamerika,
Asien, Afrika, irgendwo in Saudiarabien.
Vielleicht auch nach Indien oder in den Mittleren Osten.
Es ist eigentlich egal. Es ist überall die gleiche Mücke
und dieselbe Krankheit. Sie sind gefährdet.
Nehmen wir an, Sie werden von einer Mücke gestochen,
die das Virus trägt.
Es können sich nun grippeartige Symptome einstellen.
Diese können sehr abgeschwächt ausfallen.
Übelkeit und Kopfschmerzen können auftreten,
Ihre Muskeln können sich verspannt anfühlen,
vielleicht haben Sie das Gefühl, dass Ihre Knochen brechen.
Das ist der umgangssprachliche Name dieser Krankheit.
Sie wird Knochenbrecherfieber genannt,
denn das beschreibt, wie man sich fühlt.
Das Kuriose ist, dass, nachdem man einmal von dieser Mücke
gestochen wurde und man die Krankheit gehabt hat,
der eigene Körper Antikörper entwickelt,
und wenn man ein weiteres Mal mit demselben Virenstamm in Berührung kommt,
hat das keinen Effekt.
Aber es ist nicht ein Virus, sondern es sind vier,
und derselbe Schutz, der einem zu Antikörpern verhilft
und einen vor demselben Virus schützt, das man vorher schon hatte,
macht einen viel anfälliger für die anderen drei.
Wenn man also das nächste Mal Dengue-Fieber bekommt,
ist man anfälliger, falls es ein anderer Stamm ist,
man zeigt wahrscheinlich schlimmere Symptome
und entwickelt wahrscheinlicher eine ernsthaftere Form,
wie das Hämorrhagisches Denguefieber oder Dengue-Schock-Syndrom.
Man will also kein Dengue bekommen,
und ganz bestimmt kein zweites Mal.
Warum verbreitet es sich so schnell?
Die Antwort ist dieses Wesen.
Das ist Aedes aegypti.
Also, dies ist eine Mücke, die, wie ihr Name schon verrät,
aus Nordafrika stammt, und sie hat sich weltweit verbreitet.
Eigentlich bewegt sich eine einzelne Mücke nur
etwa 200 Meter in ihrem ganzen Leben. Sie fliegen nicht sehr weit.
Sie können aber gut per Anhalter reisen,
besonders im Eistadium.
Sie legen ihre Eier in sauberem Wasser ab, in Teichen, Pfützen,
Vogelbädern, Blumentöpfen,
überall dorthin, wo es klares Wasser gibt, legen sie ihre Eier ab,
und falls dieses klare Wasser in der Nähe von Frachtgut ist, nahe eines Hafens,
oder nahe einer Spedition,
werden diese Eier dann um die Welt befördert.
Genau das ist passiert. Die Menschheit hat
diese Eier um die ganze Welt transportiert,
und diese Insekten haben mehr als 100 Länder infiziert,
und mittlerweile leben 2,5 Milliarden Menschen in Ländern,
in denen diese Mücke auftritt.
Um Ihnen nur einige Beispiele zu nennen,
wie schnell das alles passiert ist,
Mitte der 70er Jahre vermeldete Brasilien: "Wir haben keine Aedes aegypti."
und nun geben sie jährlich rund eine Milliarde Dollar
dafür aus, die Mücke loszuwerden, sie zu kontrollieren,
nur eine einzige Mückenart.
Vor zwei Tagen oder gestern, ich kann mich nicht mehr genau erinnern,
habe ich in einer Reuters-Meldung gelesen,
dass Madeira die ersten Dengue-Erkrankungen vermeldet hat,
etwa 52 registrierte Fälle, mit ungefähr 400 wahrscheinlichen Fällen.
Das ist zwei Tage her.
Interessanterweise registrierte Madeira das Insekt 2005 zum ersten Mal,
und da haben wir's, einige Jahre später
die ersten Fälle von Dengue.
Wir sehen also: Wo die Mücke sich breitmacht,
folgt Dengue nach.
Wenn man einmal die Mücke in einem Gebiet hat,
und jemand mit Dengue in dieses Gebiet kommt,
sticht die Mücke ihn, dann sticht sie den nächsten,
den nächsten und den nächsten,
und schon hat man eine Epidemie.
Also, wir müssen gut im Mückentöten sein!
Das kann doch nicht so schwer sein.
Es gibt zwei grundsätzliche Methoden.
Bei der ersten verwendet man Larvizide.
Man benutzt Chemikalien. Man setzt sie dem Wasser zu, in dem sie brüten.
In einer städtischen Umgebung ist das allerdings ungemein schwierig.
Man muss die Chemikalie in jede Pfütze,
jedes Vogelbad, jeden Baumstumpf schütten.
Das ist nicht umsetzbar.
Bei der zweiten Methode
kann man versuchen, die Insekten beim Herumfliegen zu töten.
Das hier ist ein Bild einer Benebelung.
Dabei vermischt jemand
eine Chemikalie mit Rauch und versprüht
im Grunde genommen diese in der Umgebung.
Man kann dasselbe mit einem Raumspray erreichen.
Das ist wirklich unangenehmes Zeug,
und wenn es helfen würde, hätten wir nicht diese gewaltige
Mückenzunahme und auch keine massive Dengue-Fieberausbreitung.
Es ist also nicht sehr wirksam, aber wahrscheinlich
die beste Methode, die wir momentan haben.
Abgesehen davon: Die beste Art des Schutzes –
so schütze ich mich auch – ist
ein langärmliges Hemd und ein bisschen DEET dazu.
Beginnen wir noch einmal von vorne. Wir wollen ein Produkt entwickeln,
wirklich von Anfang an, und entscheiden, was wir wollen.
Offensichtlich brauchen wir etwas, das
den Mückenbestand wirksam verkleinert.
Es macht keinen Sinn, nur hier und da wahllos eine Mücke zu töten.
Wir brauchen etwas, das den Bestand wirklich drosselt,
sodass er nicht die Krankheit verbreitet.
Offensichtlich muss das Produkt, das wir wollen, harmlos für Menschen sein.
Wir werden es an und um Menschen herum benutzen.
Es muss harmlos sein.
Wir wollen keine anhaltende Umweltbelastung haben.
Wir wollen nichts, das man nicht rückgängig machen kann.
Vielleicht wird ein besseres Produkt in 20, 30 Jahren entwickelt.
Wunderbar. Wir wollen keine dauerhafte Umweltbelastung verursachen.
Wir wollen etwas, das relativ billig oder kostengünstig ist,
weil unglaublich viele Länder involviert sind,
und einige von ihnen sind Schwellenländer,
einige von ihnen Entwicklungsländer, einkommensschwach.
Schließlich will man etwas, das auf die Mückenart zugeschnitten ist.
Man will diese Mücke loswerden, die Dengue verbreitet,
aber man will dabei nicht all den anderen Insekten schaden.
Einige sind ziemlich nützlich. Einige sind wichtig für unser Ökosystem.
Dieses ist es nicht. Es hat uns überfallen.
Aber wir wollen nicht alle Insekten erwischen.
Wir wollen nur dieses eine loswerden.
Und in den meisten Fällen werden wir feststellen, dass dieses Insekt
in und um unser Haus herum lebt,
also muss das – was auch immer wir entwickeln – zu diesem Insekt hingelangen.
Es muss in die Häuser der Leute, in die Schlafzimmer,
in die Küchen gelangen.
Es gibt zwei Merkmale der Mückenbiologie,
die uns bei diesem Projekt wirklich helfen,
und zwar zum einen, dass Männchen nicht beißen.
Es ist nur das Weibchen, das beißt.
Das Männchen kann und wird Sie nicht beißen,
es hat gar nicht die Mundwerkzeuge dazu.
Es ist nur das Weibchen.
Und das zweite Merkmal ist,
dass Männchen sehr, sehr gut darin sind, Weibchen zu finden.
Wenn man ein Männchen freilässt und
ein Weibchen in der Nähe ist, findet dieses Männchen das Weibchen.
Im Wesentlichen haben wir uns diese zwei Faktoren zunutze gemacht.
Hier ist eine typische Situation:
Männchen trifft Weibchen, jede Menge Nachwuchs.
Ein einzelnes Weibchen kann
bis zu 100 Eier am Stück legen,
bis zu 500 in ihrem Leben.
Wenn nun dieses Männchen ein Gen trägt,
das den Tod der Nachkommen verursacht,
dann überlebt der Nachwuchs nicht,
und anstelle von 500 umherfliegenden Mücken
hat man keine.
Und wenn man noch mehr, ich nenne sie mal sterile,
obwohl die Nachkommen erst später in ihrer Entwicklung sterben
aber ich werde sie mal vorerst steril nennen.
Wenn man noch mehr sterile Männchen in die Umgebung entlässt,
dann ist es noch wahrscheinlicher, dass die Weibchen auf ein steriles
als auf ein fruchtbares Männchen treffen und man dezimiert den Bestand.
Die Männchen fliegen also raus, sie suchen nach Weibchen,
sie verpaaren sich. Sind sie erfolgreich, dann gibt es keinen Nachwuchs.
Finden sie kein Weibchen, dann sterben sie sowieso.
Sie leben nur wenige Tage.
Und das ist genau der Punkt, an dem wir stehen.
Dies ist Technologie,
die an der Oxford University vor einigen Jahren entwickelt wurde.
Die Firma selbst, Oxitec, für die wir
in den letzten 10 Jahren mit einem ziemlich ähnlichen
Entwicklungsverfahren gearbeitet haben, das man bei einem Pharmabetrieb erwarten würde.
Etwa 10 Jahre interne Evaluierung, Tests,
um alles soweit zu entwickeln, dass wir es nun für einsatzbereit halten.
Und dann sind wir raus in die freie Natur gegangen,
immer mit Zustimmung der lokalen Öffentlichkeit,
immer mit den notwendigen Genehmigungen.
Wir haben Feldversuche auf den Kaimaninseln durchgeführt,
einen kleinen in Malaysia
und gerade zwei weitere in Brasilien.
Und wie sieht das Ergebnis aus?
Nun, das Ergebis ist sehr gut.
Innerhalb von 4 Monaten nach der Freisetzung
haben wir den Mückenbestand –
in den meisten Fällen geht es um Dörfer
mit etwa 2000, 3000 Einwohnern, diese Größe,
wir fangen klein an –
wir haben den Mückenbestand
um etwa 85 Prozent innerhalb von 4 Monaten gesenkt.
Und eigentlich ist die Anzahl darüber hinaus,
diese Anzahl ist sehr schwierig zu zählen, weil einfach keine Mücken übrig sind.
Das haben wir auf den
Kaimaninseln beobachtet, wie auch bei den Feldversuchen
in Brasilien.
Gerade durchlaufen wir einen Prozess,
um es an eine Stadt mit etwa 50.000 anzupassen,
damit wir diese Arbeit im größeren Maßstab sehen können.
Wir haben eine Produktionseinheit in Oxford,
eher südlich von Oxford, wo wir diese Mücken produzieren.
Wir können sie auf einer Fläche züchten,
die etwas größer als dieser rote Teppich ist.
Ich kann jede Woche etwa 20 Millionen produzieren.
Wir können sie um die Welt verschiffen.
Es ist nicht sehr teuer, denn etwa die Größe
einer Kaffeetasse
beinhaltet 3 Millionen Eier.
Frachtkosten sind also nicht unser größtes Problem. (Gelächter)
Das haben wir also gelöst. Man könnte es eine Mückenfabrik nennen.
Und in Brasilien, wo wir einige Versuche durchgeführt haben,
hat die brasilianische Regierung nun
ihre eigene Mückenfabrik gebaut, viel größer als unsere,
und wir benutzen sie für die Aufskalieren in Brasilien.
Bitte sehr! Wir haben Mückeneier verschickt.
Wir haben die Männchen von den Weibchen getrennt.
Die Männchen werden in kleine Behälter verpackt
und der Wagen fährt die Straße entlang
und sie lassen Männchen auf der Fahrt frei.
Es ist tatsächlich etwas zielgerichteter.
Man will sie so freisetzen,
dass man eine gute Flächendeckung bekommt.
Man nimmt also eine Google-Karte, teilt das Gebiet auf,
berechnet, wie weit sie fliegen können
und stellt sicher, dass man so viele freisetzt, dass man
das Gebiet abdeckt, und dann kommt man zurück,
und innerhalb kürzester Zeit
verkleinert man den Bestand drastisch.
Wir haben das auch in der Landwirtschaft durchgeführt.
Wir haben verschiedene Landwirtschaftsbereiche, die hinzukommen,
und ich hoffe, dass wir bald
in der Lage sind, finanzielle Mittel zu sichern, sodass
wir anfangen können, an Malaria zu forschen.
Das ist unser derzeitiger Stand,
und ich habe noch einige Schlussbemerkungen,
nämlich, dass dies eine andere Methode ist,
durch die mittlerweile die Biologie die Chemie
bei einigen unserer gesellschaftlichen Vorstöße auf diesem Gebiet ergänzt,
und diese biologischen Ansätze treten
in verschiedenen Formen zutage.
Wenn man an die Gentechnik denkt,
haben wir inzwischen Enzyme für industrielle Fertigung,
Enzyme, genetisch konstruierte Enzyme in Lebensmitteln.
Wir haben genetisch veränderte Pflanzen, wir haben Arzneimittel,
wir haben neue Impfstoffe,
alle basieren auf derselben Technologie, aber mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
Und ich bin wirklich dafür. Natürlich bin ich dafür.
Ich befürworte es besonders in Bereichen, in denen
die alten Technologien nicht gut funktionieren oder untragbar geworden sind.
Obwohl die Methoden ähnlich sind,
sind die Ergebnisse sehr, sehr unterschiedlich,
und wenn Sie zum Beispiel unseren Ansatz
anschauen und mit, sagen wir, genveränderten Pflanzen vergleichen,
versuchen beide Methoden, einen gewaltigen Nutzen zu erzielen.
Beide haben einen indirekten Vorteil,
nämlich, dass wir den Einsatz von Pestiziden ungemein senken.
Aber während bei genveränderten Pflanzen die Pflanze
zum Beispiel geschützt und begünstigt wird,
ist unser Vorgehen, dass wir die Mücke nehmen
und ihr den größtmöglichen Nachteil verschaffen und
es ihr unmöglich machen, sich erfolgreich zu vermehren.
Für die Mücke ist das also eine Sackgasse.
Vielen Dank. (Applaus)