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Für diese Kinder ist der Wald ein Spielplatz.
Ein Hang voller Erde dient als Rutsche,
Messer, Äste und Zweige als Spielsachen.
Und das Obst am Wegesrand ist das zweite Frühstück.
Ein Wald nördlich von Berlin:
Hier spielen „Die Waldläufer“, wie sich der Kindergarten nennt,
jeden Tag, das ganze Jahr.
Sogenannte Waldkindergärten
werden bei deutschen Familien aus der Stadt immer beliebter.
Ein bis sechs Jahre sind die Kinder alt.
In diesem Umfeld können sie sich bestmöglich entfalten,
davon sind ihre Eltern überzeugt.
Ich hab in der Stadt gewohnt und
war dann relativ schnell an meiner Grenze, sozusagen,
die Kinder dabei zu beobachten, wenn sie alles vom Boden aufheben.
Es war alles nicht … also, sie konnten nichts anfassen.
Es war alles irgendwie eklig, dreckig, Zigarettenkippen, Müll, Hundekacke.
Ich hatte das Gefühl, ich muss dauernd begrenzen,
und es gibt so wenig natürlichen Entwicklungsraum irgendwie in der Stadt.
Das Konzept ist recht einfach:
raus ins Freie bei Wind und Wetter.
Einen Stundenplan für die Kinder gibt es nicht.
Sie sollen spielen und entdecken dürfen, so wie sie es wollen.
Das ist zwar jetzt sehr spitz, aber wenn du die Spitze …
Im Moment lernen sie, mit Werkzeugen umzugehen.
Andreas Apelles ist seit 14 Jahren Kindergärtner.
Für den Körper und den Geist eines Kindes
sei nichts besser als die Bewegung in der Natur, sagt er.
Die Absicht ist,
den Kindern eben ’ne gewisse Achtsamkeit beizubringen
und dass die Kinder in der Lage sind,
das, was sie hier gelernt haben, weiterzuvermitteln,
anderen Kindern zu sagen:
Hey, warum trittst du den Käfer tot,
warum haust du die Brennnessel um?
Die Brennnessel ist wichtig für die Schnecken.
Wenn die Sonne kommt, können die sich unter den Blättern …,
der Schmetterling legt seine Eier an der Brennnessel ab.
Oder: Guck mal, die Pflanze kannst du essen, ja?
Tret [Tritt] sie nicht platt.
So, das ist für uns wichtig.
Ein Tag an der frischen Luft ist spannend und anstrengend.
Mittags geht es zurück in das Kindergartenhaus,
Pause in der kleinen Holzhütte.
Daneben steht eine weitere Hütte.
Im Winter wird hier oft ein Feuer angemacht,
bei Minusgraden bleiben die Kinder auch häufig drinnen.
Plastikspielsachen sind tabu,
Ablenkung aber ist im Wald nicht das große Problem.
Manchmal kommen tierische Gäste vorbei.
Es gibt hier die Schafe vom Nachbarn, die hier auf dem Grundstück weiden,
und da war der Schafbock dann tot. Und dann wurde der beerdigt.
Und also, es gibt einfach so ’ne Wertschätzung für alles.
Auch wenn die Kinder durchaus explorieren
und die toten Tiere auseinandernehmen oder so,
aber es gibt trotzdem einfach so ’n Respekt.
Und ich glaube, dass eben aus diesem Respekt für Natur, für jedes Lebewesen
auch ein Respekt für andere Menschen, also für so ’n Miteinandersein,
und auch ’ne andere Verantwortung für unsere Umwelt so entsteht.
Es ist eine behütete Kindergartenzeit,
so wie sie viele Kinder in Deutschland erleben dürfen.
Und wie sie vielen anderen auf der Welt vorenthalten bleibt.